Morgen geht es wieder nach Westafrika, nach Sierra Leone. Ein Jahr ist seit unserem letzten Besuch dort vergangen. Es ist viel passiert in dieser Zeit, privat und beruflich. Nun sind Marion und ich gespannt, was sich vor Ort in diesen zwölf Monaten verändert hat. In jedem Fall hat die Regierung gewechselt. Was wir von unseren einheimischen Freunden darüber hören, klingt widersprüchlich. Wir werden uns selbst ein Bild machen.
Zunächst geht es nach Kamakwie im Norden: Vor einem Jahr haben wir Saidu, dem Schulleiter der örtlichen Berufsschule, versprochen, ihn finanziell zu unterstützen. Nachdem wir den monatelangen Gründungsprozess unseres Fördervereins „Mahmoo e.V.“ überstanden hatten, haben wir Saidu tatsächlich vor zwei Wochen die ersten 1.500 Euro überweisen können – das Schulgeld für 100 (!) Jugendliche, die ansonsten auf der Straße gesessen hätten. Wir sind gespannt, was uns vor Ort erwartet. Im Reisegepäck haben wir auch mehrere Kilogramm Knöpfe. Ein ganz kleiner Aufruf in der Lokalzeitung hat genügt, um so viele Knöpfe gespendet zu bekommen, dass wir sie allein gar nicht transportieren können … (aber auch dafür finden wir noch eine Lösung).
Von Kamakwie aus geht es wieder nach Serabu im Süden, ins Hospital der „German Doctors“. Während Marion einige Skizzen anfertigen soll, habe ich den Auftrag, einen weiteren Film zu drehen. Wir freuen uns sehr auf die Rückkehr in die Buschklinik, nicht zuletzt aufgrund einer fabelhaften Nachricht: die Schlaglochpiste von Bo nach Serabu ist durch den Einsatz mehrerer Planierraupen zu einer offenbar gut befahrbaren Schotterpiste geworden! Das jedenfalls haben wir von einem der deutschen Ärzte gehört.
Von ihm stammt auch diese Geschichte, die die Situation vor Ort perfekt versinnbildlicht: „Ein Zehnjähriger sitzt auf dem OP-Tisch mit einem massiven Hautemphysem und einem Spannungspneumothorax links, d.h. er hatte Luft in der Haut, das Gesicht war zugeschwollen. Er konnte die Augen nicht öffnen. Er sah aus wie ein Monster, nicht wie ein Kind. Aber schlimmer war, dass Luft zwischen die Rippenfelle links gelangt war, die Lunge zusammendrückte und das Herz nach rechts verschob. Das Kind war dabei zu ersticken. Als ich die Thoraxdrainage gelegt hatte, passten die Schläuche zwischen Drainage und Pumpe nicht zusammen. In dem Augenblick kam ein OP-Pfleger herein – kauend und schmatzend. Da habe ich ihn gebeten, mir sein Kaugummi zu geben. Mit dem Kaugummi habe ich die undichte Verbindung der Verlängerungsschläuche abgedichtet. Es gab ein schlürfendes Geräusch. Die Pumpe konnte einen Unterdruck aufbauen. Das Kind begann zu Husten. Das Experiment war gelungen. Als der Junge uns nach 10 Tagen mit seiner Mutter verlassen hat, konnte er ganz normal und ruhig atmen, sein Gesicht war abgeschwollen, er konnte die Augen öffnen. Er sah aus wie ein zehnjähriges Kind. Er hat gelächelt.“
Sierra Leone ist unglaublich arm, aber eben auch unglaublich schön. Deshalb werden wir es uns nicht nehmen lassen, zum Schluss unserer Reise wieder an den Atlantik zu fahren. Wir werden in einer Holzhütte am Strand übernachten und einfach unser Leben genießen. In einem Land wie diesem wird einem immer besonders deutlich, wie gut es uns in Deutschland geht. Manch einer, der daheim nörgelt und jammert, sollte vielleicht auch einmal nach Sierra Leone reisen …
Wer uns medial begleiten möchte, findet auch dieses Mal aktuelle Posts auf meiner privaten Facebook-Seite unter www.facebook.com/lars.bessel oder auf Instagram unter www.instagram.com/larsbessel. Mehr über unser Schulprojekt gibt es online hier: www.mahmoo.jimdo.com und hier: www.instagram.com/mahmoo.verein. Wer etwas über die „German Doctors“ erfahren möchte, wird hier fünfig: www.german-doctors.de.