„Besuchen Sie Sierra Leone – bevor es alle anderen tun“, mit diesem Slogan wirbt ein Reisebüro aus der Hauptstadt Freetown um internationale Gäste. Und die Verantwortlichen von „VSL Travel“ scheinen Recht zu bekommen: auf der Tagung der „United Nations World Tourism Organization (UNWTO)“ vergangene Woche in China präsentierten die Statistiker eine atemberaubende Zahl von 310 Prozent, um die die Buchungen im Vergleich zum Vorjahr zugenommen hätten! Die Folge: „Sierra Leone is the fastest growing Tourists Destination in the World!“ Zwei Buchungen gehen dabei auf unser Konto, wenngleich die Reisevorbereitungen in dieses kleine Paradies in Westafrika durchaus Zeit und Nerven kosten.
Abgesehen vom notwendigen Impfmarathon (siehe Blogeintrag vom 30.07.) brauchen wir ein Visum (pro Person 100 Euro) und in unserem Fall zusätzlich noch eine Arbeitserlaubnis – beides haben wir inzwischen beantragt. Den Reiseplan von Freetown über Makeni und Kamakwie bis nach Koidu, weiter über Kenema bis nach Potoru und schließlich zurück über Bo nach Tokeh habe ich selbst erarbeitet. Als es darum ging, Hotels zu buchen, nahmen wir tatsächlich Kontakt zu „VSL Travel“ auf. Das ernüchternde Ergebnis: zwei freundliche eMails, aber nicht ein Angebot. Mittlerweile haben wir online zwei Unterkünfte direkt gebucht, was wiederum problemlos funktioniert hat. Schließlich brauchten wir entsprechende Buchungsbelege, um die Visa beantragen zu können …
Stichwort Internet: Gerade einmal fünf Prozent der Bevölkerung haben Zugang zum weltweiten Netz, und die, die es zum Beispiel für die Tourismuswerbung beruflich nutzen, stecken bei der Umsetzung meist noch in den Kinderschuhen. Facebook-Post zum Beispiel bestehen zumeist aus seitenlangen Texten und dutzenden langweiliger Bilder, die Online-Videos bestechen meist durch ihre Unprofessionalität. Allerdings gibt es mindestens eine wirklich sehenswerte Ausnahme – diese hier: SIERRA LEONE – THE HIDDEN PARADISE
Sierra Leone scheint tatsächlich auf kleinem Raum unglaublich viel zu bieten: kilometerlange Sandstrände im Westen, Savannen im Norden und Tropenwald im Süden, dazu eine Flora und Fauna, wie man sie so nirgendwo anders in ganz Afrika findet. Ein weiterer Vorteil für Touristen aus Europa: die meisten Menschen sprechen neben ihren afrikanischen Sprachen auch Englisch. Für gut betuchte Briten war es vor der Unabhängigkeit ihrer Kolonie am 27. April 1961 durchaus nicht ungewöhnlich, für ein verlängertes Bade-Wochenende nach Freetown zu fliegen. Und die neuesten Zahlen sprechen eine hoffnungsvolle Sprache, offenbar entdecken immer mehr Menschen dieses kleine Land mit großem Potential für sich als Urlaubs-Destination. Abgesehen vom Straßenverkehr gilt Sierra Leone als ausgesprochen sicheres Reiseland mit gastfreundlichen Menschen.
Für uns beginnt das Abenteuer heute in genau vier Wochen und wir sind sehr gespannt, was uns vor Ort tatsächlich erwartet. Ob wir gar keine Angst hätten, werden wir immer häufiger gefragt. Auf unsere Gegenfrage „wovor?“ gibt es dann meist keine Antwort. Klar ist schon vor unserem Abflug, dass uns eine vollkommen andere Mentalität begegnen wird, die wir „Westerner“ jedoch nicht überheblich geringschätzen sollten. Natürlich braucht es etwa im Bereich Tourismus für Europäer und Amerikaner eine andere „Ansprache“, vielleicht können wir durch unser Buchprojekt dabei unseren Beitrag leisten – als Unterstützung, nicht als Hilfe. Wir jedenfalls wollen Sierra Leone besuchen, bevor es alle anderen tun …
Text: Lars Bessel / Zeichnung: Marion von Oppeln